So zukunftsfähig sind die Corona-Initiativen

Von Home-Office-Lösungen und hochmodernen Immobilienbesichtigungen über virtuelle Reisen und Lieferservices bis hin zur persönlichen Online-Beratung: Wiens Unternehmer bleiben auch in der Krise innovativ.

Hans Christian Jurceka, Inh. Wienercoaching

„Es ist nicht wichtig, was ich in der derzeitigen Situation alles nicht tun kann, sondern was ich trotz oder wegen dieser Krise machen kann”, bringt es der Wiener Psychotherapeut und Business-Coach Hans Christian Jurceka auf den Punkt. Ihn und viele andere trifft die Corona-Krise mit voller Wucht. Innerhalb kürzester Zeit verloren unzählige Unternehmer und mit ihnen ihre Angestellten ihre Existenzgrundlage und stehen trotz umfangreicher Unterstützungspakete am Limit. Und doch geben sich viele — in dieser extrem schwierigen Situation — nicht geschlagen. Mit Unternehmergeist, Kreativität und Innovation versuchen sie sich aus der Krise zu retten und richten ihren Blick dabei bereits auf die Zeit danach. So erlangen die digitalen Begleiterscheinungen unserer Zeit einen völlig neuen Stellenwert und werden für viele nicht nur zum Rettungsanker, sondern auch zu Eckpfeilern für die Zukunft. Lieferservices und Onlineshops sprießen aus dem Boden oder werden ausgebaut, um Kunden trotz Lokalsperren und Ausgangsbeschränkungen unkompliziert und schnell zu versorgen. Virtuelle Plattformen werden eingerichtet oder erweitert, um die Präsentation von Immobilien in die digitale Welt zu verlagern und beispielsweise Live-Besichtigungen via Social Media zu ermöglichen. 360°-Touren durch die schönsten Regionen Österreichs bieten die Gelegenheit einer kurzen Quarantäne-Auszeit und machen Lust darauf, die heimischen Tourismusregionen bald auch „offline” zu erkunden. Und Applikationen wie „Cloud-Telefonie” erleichtern die Arbeit im Home-Office, indem sie neue, modernisierte Kommunikationsmöglichkeiten für das Heimbüro schaffen. Die Liste der rettenden Ideen und Initiativen der Unternehmen ist lang. Und lang wird es auch noch dauern, bis die Krise überwunden und eine „neue Normalität” eingekehrt ist. So unterschiedlich und vielfältig die Wiener Unternehmer die Corona-Krise auch bewältigen, so ähneln sie sich auch in vielerlei Hinsicht. Sie bleiben rastlos und sehen die Krise als Weckruf und eine Zeit der Reflexion. Sie unterstützen einander und werden flexibel, sie beweisen Kreativität und Durchhaltevermögen. Und das Wichtigste: Sie denken bereits jetzt an die Zukunft und legen damit den Grundstein für den Wiederaufbau der Wiener Wirtschaft nach der Corona-Krise.

Das ist eine ganz gute Ergänzung

Gerade während der Corona-Krise ist es für den Psychotherapeuten und Business-Coach Hans Christian Jurceka wichtig, seine Klienten weiterhin zu unterstützen: „Derzeit biete ich Coaching- und Beratungsgespräche über Telefon oder Skype an. Auf der einen Seite sind dies klassische Business-Coachings, um Unternehmer bei aktuellen Herausforderungen zu unterstützen. Auf der anderen Seite sind auch Beratungsgespräche für Mitarbeiter möglich”, erklärt Jurceka, der seinen Klienten in der derzeitigen Situation rät, einen Perspektivenwechsel einzugehen: „Man sollte versuchen, sich nicht als Opfer der derzeitigen Umstände zu sehen, sondern schauen, was man trotz dieser Umstände machen kann, welche Möglichkeiten das vielleicht privat, aber auch im unternehmerischen Bereich bringen kann”, so Jurceka, der vorhat, auch nach der Krise Online-Sitzungen anzubieten: „Natürlich wird das persönliche Gespräch mit meinen Klienten weiterhin dominieren, wenn es aber einmal schnell gehen muss oder jemand nicht die Zeit hat, in die Praxis zu kommen, ist das eine ganz gute Ergänzung.”

Sehnsucht nach Urlaub ist ungebrochen

Wer würde derzeit nicht gerne in die Ferne schweifen und die schönsten Destinationen Österreichs erkunden? Was in Zeiten von Covid19 als schier unmöglich erscheint, macht Gerald Stöllnberger mit seinem Betrieb 360 Perspektiven möglich: „Wir sind Anbieter von 360°-Touren und Virtual Reality-Lösungen und decken dabei das gesamte Produktionsspektrum ab — vom Konzept bis zur Erstellung des Contents”, erklärt Stöllnberger, der aufgrund der aktuellen Situation nun Regionen, Unternehmen und Hotels in 360° interaktiv erlebbar macht: „So bekommen die Menschen die Möglichkeit, aus den eigenen vier Wänden zu entfliehen und werden gleichzeitig auf den Geschmack gebracht, diese Orte — beim Urlaub daheim — zu entdecken”, so Stöllnberger, der so auch den heimischen Tourismus unterstützen möchte. Der Experte sieht für Betriebe und Unternehmen großes Potenzial in dieser Art der Vermarktung: „Im Zeitalter der Digitalisierung ist es essenziell, sich gut zu inszenieren. Die Sehnsucht nach Urlaub daheim wird auch nach der Krise noch ungebrochen sein.”

Wir haben die Gelegenheit genutzt

„Am Anfang war es ein großer Schock. Von einem Tag auf den anderen wird einem die Existenzgrundlage gestrichen”, schildert Kuo Lin, Geschäftsführer des Asiarestaurants Oasia den Covid19-bedingten Shutdown seines Restaurants. „Wir waren am Anfang sehr verzweifelt und mussten unsere Mitarbeiter — natürlich mit Wiedereinstellungsvereinbarung — kündigen”, bedauert Lin, der das überarbeitete Kurzarbeitsmodell nicht nutzen kann, da die Vorfinanzierung der Gehälter für das Unternehmen nicht tragbar wäre. „Nach einem zweiwöchigen Stillstand haben wir aber sozusagen unser Schicksal wieder selbst in die Hand genommen — und die Gelegenheit genutzt, um zu reflektieren, was wir verbessern können, welche Möglichkeiten wir haben und vor allem wie wir uns über Wasser halten können”, schildert Lin, der bald darauf ein Take-Away und Lieferservice auf die Beine stellte und nun auch einen Onlineshop einrichtet. „Der Onlineshop ist noch in Planung, soll aber im Mai fertig werden und uns die Arbeit auch nach Corona erleichtern”, erzählt Lin optimistisch.

Ich dachte, das war es mit dem Zuppa

Aus einer Notsituation heraus zur One-Woman-Show. So könnte man Heidi Mayr-hofers aktuelle Lage beschreiben. Die Geschäftsführerin des Lokals Zuppa hat die Corona-Krise hart getroffen: „Im ersten Moment dachte ich: Das war’s mit dem Zuppa”, erzählt Mayrhofer, die sich ihren Unternehmergeist aber trotz allem bewahrte und alles daran setzte, ihren Betrieb zu retten: „Wir hatten ja kein Zustellservice, weil wir vorrangig für die Bewohner und Unternehmen im Grätzel da waren. Nachdem klar war, dass ein Lieferservice erlaubt sein würde, habe ich sofort reagiert, die Familie aktiviert und einen provisorischen, handgestrickten Onlineshop gebastelt”, erklärt die Gastronomin, die das Tagesgeschäft nun alleine stemmt, gleichzeitig Küche, Organisation und Lieferservice jongliert und daneben auch schon plant, den Onlineshop weiter auszubauen sowie das Lieferservice auch im „Normalbetrieb” nach der Krise aufrechtzuerhalten. „Natürlich alles mit Blick auf die Auslastung und ganz nach dem englischen Sprichwort ,slow and steady wins the race’.”

Corona öffnet auch neue Türen

„Durch die aktuelle Lage entstehen Chancen und Lösungen, die wir gestern noch gar nicht für möglich gehalten haben”, sagt Benedikt Gabriel, Geschäftsführer des Wiener Immobilienportals FindMyHome.at. „Immobilienanbieter haben begonnen, die Präsentation von Wohnräumen in die digitale Welt zu verlagern. Von 360 Grad Videos über virtuelle Begehungen bis hin zu Live-Besichtigungen über Social Media Kanäle — all das wird durch die aktuelle Lage oft erst jetzt genutzt, aber in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein”, so der Experte. Man habe gelernt, dass Interaktion und Beratung auch über den digitalen Kontakt stattfinden kann. Das bringe Zeitersparnis und Ortsunabhängigkeit für Makler und Kunden. Nun könne eine Besichtigung mit hunderten Interessierten stattfinden, das sei effizienter als so manche klassische Immobilienbegehung. Dass dieses Konzept positiv ankommt, zeigten die Erfahrungen: „Die erste Live Begehung im Rahmen unserer Open-House-Days wurde bereits von rund 5800 Usern besucht. Sie spazierten mit den Maklern virtuell durch die Wohnungen”, sagt Gabriel. Und es wurde auch verkauft.

Wir helfen beim Arbeiten von daheim

„Wir müssen jetzt vor allem jene Unternehmen unterstützen, die ihren Mitarbeitern bisher noch keine Home-Office Arbeitsplätze zur Verfügung stellen konnten”, sagt Johannes Marschner, CEO der Unicope GmbH, mit Sitz in Salzburg und einer Niederlassung in Wien. Von einem Tag auf den anderen mussten Betriebe ihre Mitarbeiter zu Hause arbeiten lassen, was auch technisch eine enorme Umstellung bedeutet. „„Unser Produkt, mobiles Festnetz, hat den Umstieg für unsere Mitarbeiter erleichtert, aber wir wissen, dass sich nicht alles so lösen lässt. Der Vertrieb kann Kunden nicht besuchen und so keine Demos vorführen, Techniker haben es mit der Installation schwer, wenn Kunden Hardware brauchen. Umso wichtiger ist es, dass wir einander jetzt unterstützen”, so Marschner. Flexibles Arbeiten wird sich bedingt durch die Pandemie noch schneller durchsetzen, Datensicherheit ein großes Thema werden. Unicope hostet seine Daten auf Servern in Wien. Ihre Apps zu mobilem Festnetz stellt der Betrieb während der Corona-Krise kostenlos zur Verfügung.

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