Integrität, transparenz und weitergabepflicht bei heilmitteln

Finanzielle Anreize jeglicher Art dürfen die Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln nicht beeinflussen. Rabatte und Boni sind auszuweisen und im Grundsatz dem Versicherer weiterzugeben. Das BAG ist für den Vollzug verantwortlich.

Mit der Verabschiedung des revidierten Heilmittelgesetzes (revHMG) am 18. März 2016 hat das Parlament die Bestimmungen zu den geldwerten Vorteilen neu geregelt. Zwei neue Artikel zu Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich lösen den alten Art. 33 über das Versprechen und Annehmen geldwerter Vorteile ab. Die neue Verordnung über die Integrität und Transparenz im Heilmittelbereich (VITH) regelt die Details. Der Bundesrat hat am 10. April 2019 die Verordnung verabschiedet, welche am 1. Januar 2020 in Kraft treten wird.

Gleichzeitig hat das Parlament die im Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) verankerte Pflicht zur Weitergabe von Vergünstigungen überarbeitet: Neu dürfen Leistungserbringer (Ärztinnen und Ärzte, Spitäler, Apothekerinnen und Apotheker) einen Teil der Vergünstigungen (z.B. Rabatte beim Einkauf von Arzneimitteln) zur Verbesserung der Qualität der Behandlung einsetzen. Die Modalitäten zur Weitergabe bzw. Verwendung dieser Vergünstigungen werden in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) geregelt und treten ebenfalls am 1. Januar 2020 in Kraft.

Integrität bei der Wahl der Behandlung

Die Wahl der Behandlung darf nur auf der Grundlage wissenschaftlicher und objektiver Kriterien erfolgen. Der neue Artikel 55 revHMG über die Integrität hält fest, dass die Wahl durch finanzielle Anreize nicht beeinflusst werden darf. Das Integritätsgebot gilt im Hinblick auf die Verschreibung, Abgabe und Anwendung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Der Klarheit halber werden dann die Situationen angegeben, die keine «nicht gebührenden Vorteile» darstellen, wie zum Beispiel Geschenke im Maximalwert von CHF 300 pro Jahr, sofern sie für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang sind (z.B. Informationsbildschirm im Wartezimmer) oder Unterstützungsbeiträge für Forschung, Weiter- und Fortbildung. Artikel 55 revHMG eröffnet dem Bundesrat zudem die Möglichkeit, das Integritätsgebot bei Bedarf auf weitere Heilmittelkategorien auszuweiten.

Transparenz in Bezug auf Rabatte

Ab dem Inkrafttreten des neuen Artikels 56 revHMG müssen auf Heilmitteln gewährte oder erhaltene Preisrabatte und Rückvergütungen ausgewiesen und dem BAG auf Verlangen offengelegt werden. Diese Pflicht gilt sowohl beim Verkauf als auch beim Einkauf von Heilmitteln, ausgenommen derjenigen mit niedrigem Risikopotenzial, wie im Detailhandel erhältliche Arzneimittel oder Medizinprodukte der Klasse I (z.B. Pflaster, Fiebermesser, Gehhilfen).

Auch Patienten und Versicherer sollen von den Rabatten profitieren

Gemäss Artikel 56 KVG sind die Leistungserbringer verpflichtet, die ihnen gewährten Vergünstigungen (wie Preisrabatte und Rückvergütungen) an die Patienten bzw. Versicherer weiterzugeben. Diese Pflicht wurde bisher kaum durchgesetzt. Das Parlament will jetzt dieses Vollzugsdefizit beenden und dem Bund die Vollzugskontrolle und Sanktionierungsmöglichkeiten übertragen.
Ausserdem können Versicherer und Leistungserbringer neu vereinbaren, dass Vergünstigungen nicht vollumfänglich weitergegeben werden. Solche Vereinbarungen haben sicherzustellen, dass Vergünstigungen mehrheitlich weitergegeben werden und der nicht weitergegebene Anteil nachweislich zur Verbesserung der Qualität der Behandlung eingesetzt wird. Die Vereinbarungen sind dem BAG auf Verlangen offenzulegen.

Vollzug neu beim BAG

Gegenwärtig ist das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic für den Vollzug des sog. «Vorteilsverbots» von Artikel 33 HMG zuständig. Swissmedic setzt das Vorteilsverbot mittels Verwaltungsmassnahmeverfahren oder bei schwereren Verstössen mit Verwaltungsstrafverfahren durch. Für den Vollzug der Weitergabepflicht von Artikel 56 KVG sind die Krankenversicherer zuständig.
Neu wird der Vollzug zusammengeführt und beim BAG gebündelt und soll in seiner Durchschlagskraft gestärkt werden. Das BAG wird seine neue Vollzugsaufgabe am 1. Januar 2020 aufnehmen und das neue Recht mittels Verwaltungsmassnahmen und Verwaltungsstrafverfahren durchsetzen.

0 Kommentare