OLG München – Vodafone muss Kinox.to weiterhin für Kabelkunden sperren

Das LG München hatte entschieden, dass Vodafone Kabel Deutschland den Zugriff seiner Kunden auf das Streamingportal kinox.to sperren muss. Dies erfolgte auf Antrag der Constantin Film im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens. Vodafone sperrte daraufhin den Zugang und hatte Berufung gegen das Urteil eingelegt. Nun entscheid auch das OLG München, dass kinox.to für Vodafone-Kabelkunden gesperrt bleiben muss. Damit bestätigte das Gericht die rechtliche Auffassung der Vorinstanz.

Nachdem Constantin Film im Februar 2018 per Einstweiliger Verfügung eine Zugangssperre zur Seite kinox.to gegen Vodafone erwirkte, wehrte sich Vodafone. Den Vodafone-Kabelkunden wurde auf das Urteil hin zunächst der Zugang zur Streaming-Seite kinox.to gesperrt. Anfang März 2018 hatte Vodafone Berufung gegen das Urteil des Landgerichts (LG) München eingelegt. Vodafone ist der Ansicht, dass das Unternehmen als sog. Accessprovider lediglich einen neutralen Zugang zum Internet vermittele. Vodafone vertritt dabei die Rechtsauffassung, dass das Unternehmen nach geltendem Recht nicht dazu verpflichtet werden könne, Urheberrechtsverletzungen im Internet durch Sperren einzudämmen. Denn dies würde in erheblichem Ausmaß in den Geschäftsbetrieb und in die Netzinfrastruktur eingreifen. Auch würden dadurch Rechte der Kunden verletzt. Eine wie im Urteil des LG München verhängte Zugangssperre könne jedoch nur auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage erfolgen. Eine solche jedoch existiere im deutschen Recht nicht, so eine Vodafone-Konzernsprecherin im März. Daher bedürfe diese Frage einer grundsätzlichen gerichtlichen Klärung.

OLG München bestätigt kinox.to-Sperre für Vodafone-Kabelkunden

Das Oberlandesgericht (OLG) München als Berufungsgericht musste nun zwischen den urheberrechtlichen Ansprüchen der Constantin Film AG einerseits und der Informationsfreiheit der Kunden sowie Vodafones Interesse an einem ungestörten Netzbetrieb andererseits abwägen. Und Vodafone scheiterte erneut. Das OLG München bestätigte das urteil des LG Münchens. Die OLG-Richter verpflichten Vodafone weiterhin dazu, seinen Kabelkunden den Zugang zur Streaming-Plattform kinox.to zu sperren. Die Sperrung sei zumutbar, da ein Vorgehen sowohl gegen die eigentlichen Seitenbetreiber als auch gegen den Host-Provider in der Vergangenheit ohne Erfolg geblieben waren.

Ein Vorgehen gegen die Betreiber von kinox.to nicht erfolgversprechend. Diese seien nach Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, die ein entsprechendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren führt, unbekannt. Constantin Film sei es unzumutbar, die kinox.to-Betreiber ausfindig zu machen und gegen diese vorzugehen.

Auch einem Vorgehen gegen den Host-Provider der kinox.to- Betreiber fehle jede Aussicht darauf, dass dadurch die Rechtsverletzung unterbunden oder zumindest eingeschränkt werden könne. Denn die kinox.to- Betreiber wechselten immer dann ihren Host-Provider, wenn gegen diesen vorgegangen wurde. So sei im August 2017 ein rumänischer Host-Provider gegen einen russischen und einen schottischen ausgetauscht worden, als die Motion Picture Association gegen ihn vorging. Als im Oktober 2017 Rechteinhaber gegen die neuen Host-Provider vorgingen, sei promt der schottische durch einen weiteren russischen Host-Provider ersetzt worden. Nachdem Constantin Film diese anwaltlich notifiziert und später abgemahnt hatte, sei an deren Stelle ein ukrainischer Host-Provider getreten. Selbst wenn es der Constantin Film gelingen könnte, so das OLG München, Ansprüche gegen einen Host-Provider durchzusetzen, sei bei der dargestellten Vorgehensweise der Betreiber von kinox.to mit Sicherheit zu erwarten, dass diese wiederum zu einem neuen Host-Provider wechseln würden, so dass die Inanspruchnahme des alten Host-Providers auf das Andauern der Rechtsverletzung keinen Einfluss hätte.

Vodafone ließ inzwischen verlautbaren, dass sie die Urteilsbegründung prüfen und anhand dessen entscheiden werden, ob man weitere rechtliche Schritte einleite. 

Aufgrund einer einstweiligen Verfügung der in München ansässigen Constantin Film AG, wurde Vodafone dazu verpflichtet, seinen Internetkunden von Vodafone Kabel Deutschland die illegale und höchst umstrittene Streaming-Plattform-Seite kinox.to zu sperren. Derzeit sind nur Kabelkunden betroffen. Weder Mobilfunkkunden noch DSL-Kunden sind von der Sperre betroffen. Die einstweilige Verfügung wurde vom Landgericht (LG) München am 1. Februar 2018 erlassen. Laut Vodafone ging es dabei „um urheberrechtliche Ansprüche der Constantin Film, die durch Dritte verletzt worden sind“.Aktuell erscheint die Mitteilung: „Dieses Portal ist aufgrund eines urheberrechtlichen Anspruchs vorläufig nicht verfügbar.“ Offenbar Die Sperrung erfolgt offenbar über ein einfaches DNS-Blocking, welches versierte Nutzer weiterhin leicht umgehen können.

Zwar sind solche Netzsperren in Deutschland rechtlich möglich, doch weiterhin ein höchst diskutables Instrument. Der Kölner Medienanwalt Christian Solmecke beantwortet daher die wichtigsten Fragen zum Fall:

Unter welchen Voraussetzungen ist eine solche Sperrung überhaupt möglich?

Christian Solmecke: “Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH, I ZR 3/14 und I ZR 174/14) ist die Inanspruchnahme des Access Providers (Vodafone) als sogenannter Störer nur dann zumutbar, wenn weder der Betreiber der Webseite (kinox.to-Betreiber), noch der Host Provider (Server-Betreiber) für die Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen werden können (Hierzu unser Beitrag). Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit müsse nach BGH-Ansicht die Haftung des Access Providers zunächst immer zurückstehen. Und dies ergibt sich aus dem Umstand, dass sowohl der Webseiten-Betreiber, als auch der Host Provider der Rechtsverletzung wesentlich näher stehen, als derjenige, der nur allgemein den Zugang zum Internet vermittelt. Dem Rechteinhaber ist zuzumuten vorher eine Detektei zu beauftragen oder die staatlichen Ermittlungsbehörden einzuschalten um Nachforschungen vorzunehmen.

Der BGH hatte bis zu den genannten Urteilen aus 2015 noch nie so deutlich betont, dass stets die eigentlichen Täter in die Haftung genommen werden müssen, bevor der Störer in Anspruch genommen werden kann. Bis dahin war immer eine gleichwertige Inanspruchnahme des Täters neben dem Störer möglich gewesen. Schon 2014 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass Netzsperren möglich sind, diese allerdings anders als der BGH nicht als Ultima Ratio gesehen.

Hier war Vodafone als Internetdiensteanbieter offenbar nachweisbar das einzige Unternehmen, welches Constantin Film in Anspruch nehmen konnte. Denn anscheinend konnte belegt werden, dass unmöglich die kinox.to-Betreiber bzw. die Server-Betreiber, die vermutlich am anderen Ende der Welt sitzen, zur Verantwortung zu ziehen waren. So war hier der Weg frei für das Verhängen einer Netzsperre.“

Was bedeutet eine solche Sperrung nun für andere Webseiten?

Christian Solmecke: „In der Vergangenheit gab es bereits vereinzelt solche Sperren. Dass die Sperrung nun jedoch eine der größten illegalen Seiten im Netz trifft ist eine neue Dimension. Es ist davon auszugehen, dass in Fällen, in denen die Rechteinhaber weder an die Hintermänner noch die Hostprovider herankommen, künftig auch anderen illegalen Webseiten auf diesem Wege Netzsperren durch die Access Provider drohen.“

Was heißt das für Nutzer? Drohen rechtliche Konsequenzen?

Christian Solmecke: „Zunächst einmal hat die ergangene Einstweilige Verfügung gegen Vodafone nichts mit den Nutzern zu tun. Doch es scheint auch noch eine zweite Verfügung zu geben. Aus dieser geht, wie medial berichtet wird, hervor, dass Vodafone „gewisse IP-Adressen von Kunden die eine sogenannte Tauschbörse“ aufzurufen versuchen, nicht gelöscht werden dürfen. Es ist zwar nicht klar, um welche Nutzer es geht, aber es ist zumindest unwahrscheinlich, dass damit Kinox.to-Streamer gemeint sind. Meine Vermutung ist es, dass diese zweite Verfügung nichts mit der Netzsperre von Kinox.to zu tun hat, denn solche Anordnungen erwirkt Constantin Film jährlich vielfach. Allerdings geht es bei derartigen Abmahnbemühungen gegenüber einzelnen Nutzern zumeist um Aktivitäten auf Filesharing-Diensten wie BitTorrent, nicht um Streamingangebote. Der Unterschied: Auf Plattformen wie BitTorrent werden Dateien hoch- und heruntergeladen. Wer das tut, muss schon seit Längerem mit einer Abmahnung rechnen, wenn er erwischt wird. Zumal für Vodafone Kunden die kinox.to aufrufen, der Aufruf der Seite alleine noch keine Urheberrechtsverletzung begründet. Auch das Vodafone mögliche kinox.to-Nutzer eigenhändig ausfindig macht, ist nicht zu erwarten. Denn die Nutzer herauszufinden, die kinox.to geschaut haben, dürfte Vodafone nicht nur technisch schwer fallen, sondern wäre auch verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, da das eine Vollüberwachung aller Nutzer bedeuten würde.

Unabhängig von der aktuellen Verfügung kann jedoch seit einem EuGH-Urteil aus 2017 der Abruf der Streams eine Rechtsverletzung darstellen. Doch Massenabmahnungen sind dennoch nicht zu befürchten. Denn Nutzer können nur über ihre IP-Adressen zurückverfolgt werden. Genau diese IP-Adresse ist jedoch nur dem illegalen Portal bekannt, welches meist anonym operiert und oft keine IP-Adressen speichert. In der Vergangenheit ist es der Polizei allerdings bereits erfolgreich gelungen, die Server des kinox.to Vorgängers kino.to zu überprüfen. In solchen Fällen müssen zumindest die Premiumnutzer, die Geld für den Dienst zahlen und so leichter zu ermitteln sind, mit Forderungen der Rechteinhaber rechnen. Die Forderungen selbst dürften allerdings – anders als bei den Filesharing-Verfahren – überschaubar bleiben, da keine Streams weiterverbreitet sondern lediglich konsumiert werden. Die Abmahnkosten sind seit einiger Zeit auf ca. 150 Euro im Privatbereich gedeckelt, der Schadensersatz pro konsumierten Film dürfte daher bei lediglich etwa 5-10 Euro liegen. Bislang jedoch kam es nach dem EuGH-Urteil noch zu keinen Streaming-Abmahnungen.“

Kann Vodafone gegen die Sperrung vorgehen?

Christian Solmecke: „Eine einstweilige Verfügung stellt immer nur eine schnelle erste Einschätzung des Gerichts da (gerichtliches Eilverfahren). Eine Einstweilige Verfügung wird in der Regel ohne mündliche Verhandlung erlassen und zwar lediglich aufgrund des Vortrages des Antragstellers (Constantin Film AG). Die Argumente Vodafones gegen die Einstweilige Verfügung sind dem Gericht unbekannt. Die sogenannte Rechtsmittelfrist läuft noch. Daher kann gegen die Einstweilige Verfügung noch Widerspruch erhoben werden.

Außerdem ist noch ein Hauptsacheverfahren über mehrere Instanzen möglich. Ich sehe also noch längst nicht, dass die Sache hier am Ende ist. Dennoch muss festgehalten werden, dass die Urteile des BGH aus 2015 und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus 2014 eher für die Filmindustrie sprechen.“

Fazit von Christian Solmecke:

„Websperren sind nicht praktikabel. Solche Sperrungen bedrohen vielmehr das freie Internet, begünstigen einen Provider-„Flickenteppich“ und öffnen einstweiligen Verfügungen der Medienbranche Tür und Tor. Die Sperrverfügungen sind zudem leicht zu umgehen, von jedem der ein bisschen technische Ahnung hat. Die greifen also nicht und beschränken die Provider erheblich in ihren Tätigkeiten. Sie können auch zu fehlerhaften Sperren führen. Denn die Seitenbetreiber werden erst gar nichts davon mitbekommen. Sie merken höchstens, dass plötzlich der Traffic – also die Zugriffszahlen in einem Land – rapide runter brechen. Zudem kann man davon ausgehen, dass immer mal wieder falsch gesperrte Seiten dabei seien werden.

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